Transmutation: Eine Schlüsseltechnologie für die Zukunft der Atommüllbehandlung?

Die Nutzung der Kernenergie in herkömmlichen Kernkraftwerken hat mehrere Probleme. Eines der Hauptprobleme ist der hochradioaktive Abfall, der beim Betrieb entsteht. Der Abfall strahlt so stark, dass er für lange Zeit sicher gelagert werden muss bis die Strahlung auf ein erträgliches Maß abgeklungen ist. Wir sprechen da von Zeitskalen in der Größenordnung von Hunderttausenden Jahren. Bis jetzt ist noch immer kein Endlager für diesen Müll in Betrieb.

Da wäre es doch gut, eine Technik zu entwickeln, mit der der gefährlich Müll etwas weniger gefährlich gemacht werden kann und die Zeit für den sicheren Einschluss verkürzt werden kann.

Die Transmutation ist so eine Technik, die das Potential hat, die Müllproblematik zu entschärfen. Leider werden Entwicklungsstand der Transmutation und technischen Herausforderungen oft falsch eingeschätzt. Deswegen möchte ich hier den aktuellen Stand der Transmutation entwas genauer beleuchten.

Was ist Transmutation?

Die Kernumwandlung, besser bekannt als Transmutation, beschreibt einen grundlegenden physikalischen Prozess, bei dem ein chemisches Element in ein anderes überführt wird. Dieser Wandel vollzieht sich durch eine gezielte Veränderung der Protonenzahl im Atomkern. Im Gegensatz zu chemischen Reaktionen, die lediglich die äußere Elektronenstruktur eines Atoms beeinflussen, ist die Transmutation ein nuklearer Vorgang, der während verschiedener Arten von radioaktivem Zerfall oder durch Kernreaktionen stattfindet.

Historisch betrachtet war die Transmutation ein zentrales, wenn auch unerfüllbares, Ziel der Alchemisten, die davon träumten, unedle Metalle wie Blei oder Quecksilber in wertvolles Gold oder Silber umzuwandeln. Die wissenschaftliche Realität der Kernumwandlung wurde jedoch erst 1919 von Ernest Rutherford experimentell nachgewiesen, wenngleich die volle Bedeutung seiner Entdeckung erst 1925 erkannt wurde. Heute findet die Elementumwandlung im industriellen Maßstab primär als unvermeidliches Nebenprodukt der Energiegewinnung in Kernreaktoren statt. Seit den 1990er Jahren hat der Begriff „Transmutation“ jedoch eine spezifischere Bedeutung im Kontext der Kernenergie angenommen: Er bezeichnet gezielte Techniken, die darauf abzielen, die Gefährlichkeit von radioaktivem Abfall zu reduzieren. Besonders langlebige radioaktive Komponenten werden durch Kernreaktionen mit freien Neutronen in kurzlebigere oder stabile Isotope umgewandelt.

Die Herausforderung des hochradioaktiven Atommülls und die Rolle der Transmutation

Die Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung führt unweigerlich zur Entstehung von hochradioaktivem abgebranntem Kernbrennstoff (Spent Nuclear Fuel, SNF). Dieser Abfall stellt eine immense Herausforderung für zukünftige Generationen dar. Seine Radiotoxizität bleibt über Zehntausende bis Hunderttausende von Jahren bestehen. Deswegen ist eine sorgfältige Langzeitlagerung erfordert. Die Hauptbestandteile dieses hochradioaktiven Abfalls sind Uran (ca. 94%), Transurane (ca. 1,5%, wie Neptunium, Plutonium, Americium, Curium) und Spaltprodukte (ca. 4%). Insbesondere die Transurane und einige langlebige Spaltprodukte sind die Hauptverursacher der Langzeitradiotoxizität und der signifikanten Wärmefreisetzung des Abfalls.

Die Transmutation wird als vielversprechende Technologie erforscht, um diese langlebigen Radionuklide gezielt zu behandeln und ihre Gefährlichkeit drastisch zu reduzieren. Das primäre Ziel ist es, Transurane wie Neptunium-237 (Np-237), Americium-241 (Am-241), Americium-243 (Am-243) und Curium-245 (Cm-245) sowie bestimmte langlebige Spaltprodukte wie Technetium-99 (Tc-99) und Jod-129 (I-129) in kurzlebigere oder sogar stabile Isotope umzuwandeln. Durch diese Umwandlung soll der Zeitraum, über den der Abfall sicher von der Biosphäre isoliert werden muss, von geologischen Zeitskalen (Millionen von Jahren) auf handhabbarere Zeiträume (z.B. Hunderte von Jahren) verkürzt werden. Die Tatsache, dass Transmutation seit den 1990er Jahren gezielt für die Abfallbehandlung erforscht wird, deutet auf eine wachsende Dringlichkeit und einen Paradigmenwechsel in der nuklearen Abfallwirtschaft hin. Es ist ein Versuch, über die passive Endlagerung hinaus aktiv in die Materialeigenschaften des Abfalls einzugreifen, um die Langzeitlast für zukünftige Generationen zu mindern, was eine evolutionäre Anpassung der Kernforschung an gesellschaftliche Herausforderungen darstellt.

Die physikalischen Grundlagen der Transmutation

Wie Elemente sich verwandeln: Radioaktiver Zerfall und Kernreaktionen

Transmutation ist ein physikalischer Prozess, der sich durch radioaktiven Zerfall oder durch Kernreaktionen ereignet, bei denen die Protonenzahl im Atomkern verändert wird. Im Kontext der Atommüllbehandlung sind vor allem Kernreaktionen mit freien Neutronen von Bedeutung: die Kernspaltung (Fission) und der Neutroneneinfang (Neutron Capture).

Die Kernspaltung ist der bevorzugte Prozess für die Reduzierung von Halbwertszeiten und die Gewinnung nutzbarer Energie. Bei diesem Vorgang wird ein schwerer Atomkern, typischerweise ein Aktinid, durch Neutronenbeschuss in zwei oder mehr leichtere Kerne gespalten, wobei eine erhebliche Menge an Energie freigesetzt wird. Im Gegensatz dazu steht der Neutroneneinfang, bei dem ein Atomkern ein Neutron absorbiert, wodurch ein nächstschwereres Nuklid entsteht. Dieses neu gebildete Nuklid kann ebenfalls langlebig sein, aber der Neutroneneinfang ist auch ein Weg zur Umwandlung in stabilere Formen. Ein prominentes Beispiel ist die Umwandlung von radioaktivem Technetium-99 in stabiles Ruthenium-100.

Die Effizienz dieser Reaktionen hängt stark von der Energie der einfallenden Neutronen ab. Für Aktiniden ist der Spaltquerschnitt bei Neutronenenergien über etwa 1 MeV signifikant höher. Im Gegensatz dazu ist der Neutroneneinfangquerschnitt für die meisten Nuklide bei thermischen (niedrigeren Energie) Neutronen am größten. Diese unterschiedlichen Anforderungen an die Neutronenenergie zeigen, dass die Wahl des Reaktorspektrums (schnell vs. thermisch) und des Zielnuklids komplex und spezifisch sein muss. Dies führt zur Notwendigkeit unterschiedlicher Reaktorkonzepte für verschiedene Abfalltypen, was die Komplexität der P&T-Strategie erhöht und eine „Einheitslösung“ unwahrscheinlich macht.

Die Hauptakteure: Langlebige Aktiniden und Spaltprodukte

Die Hauptziele der Transmutation sind jene Radionuklide im abgebrannten Brennstoff, die die größte Langzeitgefahr darstellen:

  • Transurane: Dazu gehören Neptunium (Np-237), Americium (Am-241, Am-243) und Curium (Cm-245). Diese Nuklide sind aufgrund ihrer extrem langen Halbwertszeiten und ihres hohen Beitrags zur Radiotoxizität des Atommülls die primären Ziele der Transmutation. Sie entstehen im Reaktor, wenn Uranatome Neutronen einfangen, anstatt gespalten zu werden, wodurch über einen Beta-Zerfall Elemente mit einer höheren Ordnungszahl als Uran gebildet werden.
  • Plutonium: Obwohl Plutonium bereits in aktuellen Leichtwasserreaktoren (LWR) als MOX-Brennstoff (Mischoxid-Brennstoff aus Uran und Plutonium) genutzt werden kann, zielen fortgeschrittene Transmutationskonzepte auch auf seine gezielte Umwandlung ab. Die friedliche Nutzung und Eliminierung von Waffen-Plutoniumbeständen ist ebenfalls ein Ziel der Transmutationsforschung, um nicht-waffenfähige Isotope zu erzeugen.
  • Langlebige Spaltprodukte (LLFP): Zu den relevanten LLFP gehören Technetium-99 (Tc-99), Jod-129 (I-129), Cäsium-135 (Cs-135), Selen-79 (Se-79), Zirkonium-93 (Zr-93) und Palladium-107 (Pd-107). Ihre Transmutation ist aufgrund ihrer sehr geringen Neutroneneinfangquerschnitte im schnellen Neutronenspektrum eine größere technische Herausforderung. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Radiotoxizität dieser langlebigen Spaltprodukte um mehrere Größenordnungen geringer ist als die von Plutonium oder den Transuranen. Diese Priorisierung, die nicht nur auf der Halbwertszeit, sondern auch auf der intrinsischen biologischen Gefahr der Nuklide basiert, zeigt, dass die Hauptmotivation für Transmutation die Reduzierung der Gefahr des Abfalls ist, nicht nur die reine Verkürzung der Halbwertszeit an sich.

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten langlebigen Radionuklide, die für die Transmutation in Betracht gezogen werden:

Tabelle 1: Wichtige langlebige Radionuklide für die Transmutation

NuklidHalbwertszeit (Jahre)Bedeutung/Beitrag zur Radiotoxizität
Np-2372.100.000Transuran, Hauptverursacher der Langzeitradiotoxizität
Am-241432Transuran, Hauptverursacher der Langzeitradiotoxizität, Wärme
Am-2437.000Transuran, Hauptverursacher der Langzeitradiotoxizität
Cm-2458.500Transurane, Hauptverursacher der Langzeitradiotoxizität
Pu-23924.110Transuran, Hauptverursacher der Langzeitradiotoxizität
Tc-99211.000Langlebiges Spaltprodukt, geringere Radiotoxizität als Aktiniden
I-12915.700.000Langlebiges Spaltprodukt, geringere Radiotoxizität als Aktiniden
Cs-1352.300.000Langlebiges Spaltprodukt, geringere Radiotoxizität als Aktiniden
Zr-931.530.000Langlebiges Spaltprodukt, geringere Radiotoxizität als Aktiniden
Se-79327.000Langlebiges Spaltprodukt, geringere Radiotoxizität als Aktiniden
Pd-1076.500.000Langlebiges Spaltprodukt, geringere Radiotoxizität als Aktiniden

Methoden der Transmutation in der Atommüllbehandlung

Die Transmutation hochradioaktiver Abfälle ist ein mehrstufiger Prozess, der verschiedene Technologien und Konzepte umfasst.

Partitionierung: Der unverzichtbare erste Schritt

Bevor die langlebigen Komponenten des abgebrannten Reaktorbrennstoffs transmutiert werden können, müssen sie von den anderen Bestandteilen getrennt werden. Dieser Prozess, bekannt als „Partitionierung“, ist ein unverzichtbarer erster Schritt in den meisten Transmutationsstrategien. Er betrifft vor allem die Transurane und je nach spezifischer Strategie auch Plutonium und bestimmte langlebige Spaltprodukte.

Die Entwicklung chemischer Prozesse, die über die Möglichkeiten bestehender Wiederaufbereitungsverfahren wie den PUREX-Prozess hinausgehen, ist für eine effiziente Partitionierung unerlässlich. Der PUREX-Prozess trennt hauptsächlich Uran und Plutonium ab, ist aber nicht ausreichend, um alle relevanten Transurane oder Spaltprodukte abzutrennen. Aktuell wird intensiv an hydrometallurgischen und pyrometallurgischen Methoden geforscht, wobei letztere elektrochemische Prozesse in einer Salzschmelze umfassen, die den Vorteil bieten, auch auf heißem Brennstoff nach relativ kurzer Lagerzeit (z.B. sechs Monate) angewendet werden zu können. Bislang wurden die erforderlichen Trennverfahren für diese zusätzlichen Komponenten jedoch meist nur im Labormaßstab erfolgreich demonstriert. Eine industrielle Umsetzung steht noch aus.

Die Partitionierung ist ein kritischer Engpass für alle Transmutationsstrategien. Ohne effiziente und sichere Trennverfahren bleiben selbst die fortschrittlichsten Reaktor- oder ADS-Konzepte theoretisch. Die Tatsache, dass dies „bislang nur im Labormaßstab gelang“, unterstreicht, dass die technische Reife der chemischen Aufbereitung der physikalischen Umwandlung hinterherhinkt. Dies schafft eine kritische Abhängigkeit und zeigt, dass die chemische Trennung ein entscheidender Pfad für die praktische Umsetzung der Transmutation ist und ein Bereich, in dem noch erhebliche Fortschritte erzielt werden müssen, bevor die nachfolgende physikalische Umwandlung in großem Maßstab erfolgen kann. Zudem sind die Entwicklung und der Betrieb dieser komplexen chemischen Trennanlagen mit hohen Kosten verbunden, und es besteht ein Proliferationsrisiko, da abgetrennte Stoffe wie Plutonium für Atomwaffen verwendet werden könnten.

Transmutation in kritischen Reaktoren (Schnelle Brüter)

Schnelle Neutronenreaktoren (Fast Neutron Reactors, FNR), oft auch als Schnelle Brüter bezeichnet, sind Kernreaktoren, die ein „schnelles“ (unmoderiertes) Neutronenspektrum nutzen. Sie sind besonders gut für die Transmutation von Transurane geeignet, da diese Nuklide bei höheren Neutronenenergien effizienter gespalten werden. Die „Brütung“ von Plutonium aus Uran-238, die das Konzept des schnellen Brüters ausmacht, ist selbst eine Form der Transmutation.

Historisch wurden Experimente zur Transmutation von Transurane in Anlagen wie dem Phénix-Kernkraftwerk in Frankreich und der EBR-II-Anlage in den USA durchgeführt. Auch an den russischen BN-Reaktoren (z.B. BN-800) wird geforscht, obwohl deren primäres Ziel nicht die regelmäßige Transmutation von Transuranen ist. Der BN-800 könnte derzeit den jährlichen Transuran-Ausstoß eines 1-GW-Kernkraftwerks transmutieren. Es wird jedoch an Konzepten geforscht, diese Menge zu erhöhen, beispielsweise durch den Ersatz von Uran-238 durch inerte Materialien, was die Transmutation von 90 kg Transurane pro Jahr ermöglichen könnte – dem jährlichen Ausstoß von etwa fünf 1-GW-Leichtwasserreaktoren.

Weltweit werden mehrere Konzepte für schnelle Brüter, insbesondere im Rahmen der Generation IV Reaktoren, speziell für Transmutationszwecke entwickelt. Beispiele hierfür sind bleigekühlte schnelle Reaktoren (LFR), Flüssigsalzreaktoren (MSR) und natriumgekühlte schnelle Reaktoren (SFR). Bislang ist jedoch keines dieser Konzepte industriell umgesetzt. Ein bemerkenswertes Projekt ist der russische BREST-300, ein bleigekühlter schneller Reaktor, der in Seversk im Bau ist. Er wird voraussichtlich bis 2026/2027 betriebsbereit sein und hat explizite Transmutationsziele. Er verwendet Uran-Plutonium-Nitrid-Brennstoff und ist als Brüter konzipiert, der langlebigen radioaktiven Abfall verbrennen kann. Die Pilotproduktion von Prototyp-Brennstoffassemblies für BREST-OD-300 hat im Januar 2025 begonnen. Der BREST-Komplex wird auch eine neue Wiederaufbereitungsanlage umfassen, was einen geschlossenen Brennstoffkreislauf vor Ort ermöglicht. Weitere Konzepte umfassen Nucleo’s LFR-AS-30 in Frankreich und Flüssigkern-Schnellreaktor-Konzepte wie TerraPower’s FSMR und den Dual-Fluid Reaktor. Das französische ASTRID-Projekt, ein natriumgekühlter Generation IV Reaktor, wurde 2019 vorübergehend gestoppt, mit einer möglichen Wiederaufnahme in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts.

Die Transmutation von Transuranen in schnellen Reaktoren kann Sicherheitsbedenken aufwerfen, insbesondere aufgrund der erhöhten Produktion verzögerter Neutronen während der Spaltung, was den Reaktor je nach Design prompt kritisch machen könnte. Flüssigbrennstoffreaktor-Konzepte bieten hier einen Vorteil, da die Ausdehnung des Brennstoffs bei steigender Temperatur zu einer Selbstregulierung führen kann. Die Entfernung von Uran-238 aus dem Reaktorkern, um die Transmutationsrate von Transuranen zu erhöhen, würde jedoch dem Hauptzweck eines Brüters widersprechen, nämlich der Umwandlung von U-238.

Die Transmutation langlebiger Spaltprodukte (LLFP) wie Selen-79, Zirkonium-93, Technetium-99, Palladium-107, Jod-129 und Cäsium-135 ist schwieriger als die von Aktiniden, da ihre Neutroneneinfangquerschnitte im schnellen Neutronenspektrum sehr gering sind. Es gibt Überlegungen, das Spektrum schneller Reaktoren für die LLFP-Transmutation durch geeignete Moderatoren zu optimieren. Eine vielversprechende Entwicklung ist der Vorschlag, Yttriumdeuterid (YD2) als neuen Neutronenmoderator zu verwenden. Dieses Material kann das Neutronenspektrum im radialen Blanket und den Abschirmbereichen von schnellen Reaktoren aufweichen. Dadurch konnten die effektiven Halbwertszeiten von sechs wichtigen LLFP (Se-79, Zr-93, Tc-99, Pd-107, I-129, Cs-135) drastisch von 10^6 auf 10^2 Jahre reduziert werden, und das ohne die Notwendigkeit einer Isotopentrennung. Die Neutroneneinfangreaktion von Technetium-99 führt zudem zur Bildung von kurzlebigem Technetium-100, das zu stabilem Ruthenium-100 zerfällt – einem wertvollen Platinmetall. Dies könnte die Zerstörung von „Abfall“ mit der gleichzeitigen Produktion eines wertvollen Produkts verbinden, was die Wirtschaftlichkeit des Prozesses erheblich verbessern würde. Die Optimierung von schnellen Reaktoren für die Transmutation von Transuranen (Fission) und gleichzeitig für langlebige Spaltprodukte (Neutroneneinfang) stellt jedoch einen inhärenten Zielkonflikt dar, der die Effizienz eines einzelnen Reaktorkonzepts begrenzt. Während schnelle Neutronen für Aktiniden ideal sind, sind sie für viele Spaltprodukte weniger geeignet, was die Komplexität eines umfassenden Transmutationsprogramms erhöht.

Beschleunigergetriebene Systeme (ADS): Die innovative Alternative

Beschleunigergetriebene Systeme (ADS) sind „hybride“ Kernsysteme, die einen unterkritischen Reaktor mit einer externen, steuerbaren Neutronenquelle kombinieren. Typischerweise wird ein leistungsstarker Protonenbeschleuniger verwendet, dessen Strahl auf ein Spallationstarget (z.B. Blei oder Blei-Wismut) im Reaktorkern trifft. Bei Energien von 0,6 bis 1 GeV erzeugt ein einzelnes Proton durch Spallation (das „Herausschlagen“ von Neutronen aus dem Targetkern) effizient 15 bis 30 Neutronen. Diese extern erzeugten Neutronen „treiben“ dann die Kernreaktionen im subkritischen Reaktor an.

Der größte Vorteil von ADS liegt in ihrer inhärenten Sicherheit. Da der Reaktor subkritisch ist, kann er eine Kettenreaktion nicht selbst aufrechterhalten. Die Reaktion stoppt sofort, wenn der Protonenstrahl abgeschaltet wird. Dies eliminiert das Risiko einer unkontrollierten Leistungsexkursion („Durchgehen“) und macht den Einsatz von Steuerstäben zum Abschalten überflüssig. Dies ist besonders vorteilhaft beim Umgang mit einem hohen Anteil an Minor Aktiniden im Brennstoff, die in kritischen Reaktoren zu Sicherheitsproblemen führen könnten. Zudem können ADS alle spaltbaren Nuklide für die Energieproduktion nutzen, da die Kritikalität nicht allein durch den Brennstoff erreicht werden muss. Dies ermöglicht eine größere Flexibilität bei der Zusammensetzung des Brennstoffs, einschließlich eines höheren Anteils an Minor Aktiniden. Ein ADS ist in der Lage, deutlich mehr Energie zu produzieren, als für den Betrieb seiner zusätzlichen Komponenten (insbesondere des Beschleunigers) benötigt wird. Etwa 5% der erzeugten elektrischen Leistung könnten für die Eigenversorgung des Systems ausreichen.

Führende Forschungsprojekte weltweit treiben die Entwicklung von ADS voran:

  • MYRRHA (Multi-purpose hYbrid Research Reactor for High-tech Applications): Dieses umfassende ADS-Projekt am Mol Research Centre in Belgien soll um 2030 in Betrieb gehen. Die Bauarbeiten haben im Juli 2024 begonnen. MYRRHA wird in drei Phasen entwickelt, wobei die erste Phase (MINERVA) die Grundlagen für die Forschung und Entwicklung neuer Radioisotope legen soll. Ziel ist es, den weltweit ersten Prototyp eines beschleunigergetriebenen Kernreaktors zu demonstrieren, die Transmutation von hochtoxischem Abfall zu untersuchen, Brennstoff für innovative Reaktoren zu entwickeln und Radioisotope für medizinische und industrielle Zwecke zu produzieren.
  • J-PARC TEF (Transmutation Experimental Facility): Die Transmutation Experimental Facility (TEF) am J-PARC-Beschleunigerzentrum in Japan ist eine weitere wichtige ADS-Experimentalanlage. Obwohl der Betrieb mit Transmutationsbrennstoff ursprünglich um 2020 erwartet wurde, ist dies noch nicht geschehen. J-PARC zeigt weiterhin technische Exzellenz und zieht einen hohen Anteil internationaler Nutzer an. Ein Problem mit dem Neutronentarget im Dezember 2024 hat den Zeitplan für Nutzerprogramme in das erste Halbjahr 2025 verschoben.
  • Transmutex (Schweiz): Das Schweizer Unternehmen Transmutex verfolgt kommerziell einen beschleunigergetriebenen Thoriumreaktor zur gezielten Transmutation. Eine Studie der deutschen Bundesagentur für Sprunginnovationen vom Februar 2025 kam zu dem Schluss, dass dieser Ansatz nicht nur funktionieren, sondern auch wirtschaftlich sein wird. Transmutex strebt einen Demonstrationsprototyp bis Anfang der 2030er Jahre an. Das System soll langlebigen radioaktiven Abfall (Transurane und langlebige Spaltprodukte) eliminieren, sodass nur etwa 20% des ursprünglichen Abfalls als kurz- und mittellebiger Abfall verbleiben, der mit bestehenden Entsorgungsmethoden behandelt werden kann.

Die hohe Abhängigkeit von der Zuverlässigkeit des Beschleunigers ist eine Achillesferse der ADS-Technologie. Die Anforderung von maximal 3-5 Ausfällen pro Jahr ist extrem anspruchsvoll für eine neue Technologie und birgt ein erhebliches Risiko für die Betriebssicherheit und Wirtschaftlichkeit. Ein Ausfall des Beschleunigers führt nicht nur zum Stillstand der Transmutation, sondern kann auch zu Materialermüdung und Sicherheitsrisiken im Reaktorkern führen, da schnelle Temperaturabfälle im Target und in den Brennelementen nach Tausenden von Wiederholungen zu inakzeptabler Materialermüdung führen könnten. Dies ist eine kritische technische Hürde, die über den Erfolg von ADS im industriellen Maßstab entscheidet. Dies erfordert den Einsatz von kontinuierlich arbeitenden Linearbeschleunigern (Linacs) und ein modulares Design mit vielen identischen Komponenten, die weit unter ihrer Leistungsgrenze betrieben werden, um Fehlertoleranz zu gewährleisten. Zudem ist die Entwicklung von Materialien, die den extremen Bedingungen – insbesondere der intensiven Neutronenstrahlung und hohen Temperaturen – im Reaktorkern und im Spallationstarget standhalten, eine erhebliche technische Herausforderung. Die Kosten für die Entwicklung und den Bau dieser komplexen Anlagen sind sehr hoch.

Die folgende Tabelle vergleicht die Eigenschaften von kritischen schnellen Reaktoren und beschleunigergetriebenen Systemen für die Transmutation:

Tabelle 2: Vergleich der Transmutationstechnologien (Schnelle Reaktoren vs. ADS)

MerkmalSchnelle Reaktoren (Kritisch)Beschleunigergetriebene Systeme (ADS)
KritikalitätKritisch (selbsttragende Kettenreaktion)Subkritisch (Kettenreaktion benötigt externe Neutronenquelle)
NeutronenspektrumSchnell (unmoderiert)Schnell (unmoderiert)
Externe NeutronenquelleNicht erforderlichErforderlich (z.B. Protonenbeschleuniger + Spallationstarget)
SicherheitsmechanismusKontrollstäbe zur Absorption von Neutronen; Sicherheitsbedenken bei hohem Transuran-Anteil (verzögerte Neutronen)Abschalten des Beschleunigerstrahls stoppt Reaktion sofort; inhärent sicher (keine unkontrollierte Leistungsexkursion)
BrennstoffflexibilitätBegrenzt bei hohem Transuran-Anteil zur Aufrechterhaltung der Kritikalität und SicherheitHohe Flexibilität, da Kritikalität nicht selbst erreicht werden muss
HauptvorteilEffiziente Spaltung von Aktiniden; EnergieerzeugungInhärente Sicherheit; hohe Brennstoffflexibilität; effektive MA-Verbrennung
HauptnachteilSicherheitsbedenken bei hohem Transuran-Anteil, komplexere RegelungHohe technische Komplexität (Beschleunigerzuverlässigkeit); hohe Entwicklungskosten
Aktuelle BeispieleBN-800 (Russland), BREST-300 (Russland, im Bau)MYRRHA (Belgien, im Bau), J-PARC TEF (Japan, in Entwicklung), Transmutex (Schweiz, in Entwicklung)

Der Thorium-Brennstoffkreislauf: Ein Weg zu weniger Abfall?

Der Thorium-Brennstoffkreislauf bietet eine alternative Möglichkeit zur nuklearen Energieerzeugung und Abfallbehandlung. Dabei wird Thorium-232, ein „brütbares“ Material, durch Neutroneneinfang und anschließenden Beta-Zerfall in das spaltbare Uran-233 umgewandelt. Dieser Kreislauf ermöglicht die Entsorgung von Plutonium, ohne dabei neues Plutonium zu erzeugen.

Die Vorteile des Thorium-Brennstoffkreislaufs sind vielfältig: Thorium ist etwa drei- bis fünfmal häufiger und gleichmäßiger in der Erdkruste verteilt als Uran, was es zu einer nachhaltigeren und zugänglicheren Ressource macht. „Verbrauchter“ Thorium-Brennstoff kann theoretisch sogar mehr spaltbares Material enthalten als frischer Brennstoff. Der Abbau von Thorium hat potenziell einen geringeren Umweltimpakt. Das Transmutex-System, das auf Thorium basiert, zielt darauf ab, die Abklingzeit der radioaktiven Nebenprodukte erheblich zu verkürzen (von 300.000 auf 300 Jahre) und die Menge an gefährlichem Abfall signifikant zu reduzieren. Zudem gilt der Thorium-Brennstoffkreislauf als intrinsisch proliferationsresistent, da die dabei entstehenden spaltbaren Materialien (insbesondere Uran-233, das immer mit hochradioaktivem Uran-232 verunreinigt ist) für die Herstellung von Atomwaffen ungeeignet oder extrem schwierig zu handhaben sind. Der Thorium-Brennstoffkreislauf ist sowohl mit kritischen als auch mit subkritischen Reaktoren, sowie mit schnellen und thermischen Neutronenspektren denkbar und wird oft mit Salzschmelzereaktoren in Verbindung gebracht, die eine kontinuierliche Wiederaufbereitung während des Betriebs ermöglichen.

Trotz dieser vielversprechenden Vorteile gibt es auch erhebliche Herausforderungen. Die Nutzung von Thorium führt zur Produktion von hochradioaktivem Uran-232 und dessen Zerfallsprodukten, die signifikante Gammastrahlung emittieren. Dies erfordert besonders komplexe, fernbediente Ausrüstung für die Wiederaufbereitung und den Transport der Brennelemente, was die Kosten und die technische Komplexität erhöht. Aktuelle Wiederaufbereitungsanlagen sind nicht für die Verarbeitung von Thorium ausgelegt, was erhebliche Investitionen in neue Infrastruktur erfordern würde. Eine großtechnische Implementierung des Thorium-Brennstoffkreislaufs ist derzeit nicht absehbar, obwohl Forschung und Entwicklung, wie das Transmutex-Projekt, Fortschritte machen. Die Entwicklung geeigneter Materialien für die rauen Bedingungen in fortschrittlichen Thoriumreaktoren und die Skalierung von Laborprozessen auf industriellen Maßstab sind weiterhin große Herausforderungen.

Der Thorium-Brennstoffkreislauf bietet attraktive Vorteile hinsichtlich Ressourcenverfügbarkeit und Proliferationsresistenz, führt aber zu eigenen Herausforderungen durch die Produktion von Uran-232. Dies bedeutet, dass jede „Lösung“ für die Abfallbehandlung neue, wenn auch andere, technische und sicherheitstechnische Komplexitäten mit sich bringt, die sorgfältig abgewogen werden müssen. Es verdeutlicht, dass in der Nukleartechnik selten einfache Lösungen existieren. Die Optimierung eines Aspekts (z.B. Abfallreduktion) kann die Komplexität in anderen Bereichen (z. B. Handhabung) erhöhen. Es handelt sich um ein „Trade-off“-Szenario, bei dem sorgfältige Abwägungen erforderlich sind.

Die folgende Tabelle fasst den Status ausgewählter internationaler Transmutationsprojekte zusammen:

Tabelle 3: Status ausgewählter internationaler Transmutationsprojekte

ProjektnameLand/OrganisationTechnologiePrimäres ZielAktueller StatusErwarteter Betriebsbeginn/Zeitrahmen
BREST-300RusslandSchneller Reaktor (LFR)Energieerzeugung, MA-VerbrennungIm Bau2026/2027
MYRRHABelgien (SCK CEN)ADSForschung, MA-Transmutation, RadioisotopenproduktionIm BauUm 2030
J-PARC TEFJapan (JAEA)ADSForschung, MA-TransmutationIn Entwicklung/BauUrsprünglich um 2020, Zeitplan angepasst
Transmutex STARTSchweizADS (Thorium-Reaktor)Abfallreduktion, EnergieerzeugungIn EntwicklungAnfang der 2030er Jahre (Demonstrationsprototyp)

Transmutation und die Endlagerfrage: Eine symbiotische Beziehung

Warum Transmutation Endlager nicht ersetzen kann

Ein zentrales Ergebnis des BASE-Gutachtens ist, dass Transmutation ein Endlager für hochradioaktive Abfälle nicht ersetzen kann. Diese Klarstellung ist entscheidend für die politische Debatte und die öffentliche Wahrnehmung. Dies liegt daran, dass nicht alle Abfallmaterialien umwandelbar sind und während des Partitionierungs- und Transmutations (P&T)-Verfahrens selbst neue Abfälle entstehen. Daher ist ein Endlager weiterhin unerlässlich, um die nicht transmutierbaren Reste und die im Prozess neu entstandenen Abfälle sicher zu entsorgen. Die tiefengeologische Entsorgung wird als die absehbar bessere und international wissenschaftlich konsentierte Alternative für die Langzeitlagerung angesehen.

Quantifizierbare Reduktion von Radiotoxizität und Volumen

Das Hauptziel der Transmutation ist es, die Strahlungsintensität des Atommülls zu verringern und die Dauer, über die er nennenswert strahlt, drastisch zu reduzieren. Transmutation kann die langfristige Radiotoxizität des Abfalls erheblich reduzieren, insbesondere die der Minor Aktiniden, die den größten Beitrag zur Langzeitgefahr leisten. Eine wünschenswerte Reduktion der Radiotoxizität des hochradioaktiven Abfalls liegt bei einem Faktor von mindestens hundert. Das Transmutex-System beispielsweise strebt an, nur 20% des ursprünglichen Abfalls als kurz- und mittellebigen Abfall zu belassen, der dann mit bestehenden Methoden sicher entsorgt werden kann.

Die Reduzierung der Wärmeleistung des Abfalls, hauptsächlich durch die Abtrennung von Cäsium und Strontium sowie Plutonium und Americium, kann den benötigten Platz im Endlager erheblich verringern. Dies könnte die Länge der erforderlichen Galerie um einen Faktor 3 oder mehr und die Grundfläche des gesamten Endlagers um bis zu einen Faktor 9 reduzieren. Die Transmutation von Transuranen (TRU) kann die Zeit, die benötigt wird, um die Radiotoxizität auf ein Referenzniveau zu reduzieren, von über 100.000 Jahren auf mehrere hundert Jahre verkürzen.

Die Rolle der geologischen Tiefenlagerung als komplementäre Lösung

Die tiefengeologische Entsorgung, bei der Abfälle in stabilen geologischen Formationen tief unter der Erdoberfläche eingelagert werden, ist international wissenschaftlich konsentiert und technologisch erprobt für die Langzeitlagerung von hochradioaktivem Abfall. Dieses Konzept basiert auf einem Multi-Barrieren-Ansatz, bei dem der Abfall in hochtechnisierten Behältern in stabiler, verglaster Form verkapselt und weit unter der Biosphäre platziert wird, um eine Isolation über Jahrtausende zu gewährleisten. Länder wie Finnland und Schweden sind bei der Umsetzung solcher Projekte bereits weit fortgeschritten.

Ein wichtiger Aspekt ist, dass die intensive Forschung und Entwicklung sowie der Bau und Betrieb von Transmutationsanlagen den Zeitpunkt, zu dem ein Endlager fertig beladen werden kann, erheblich in die Zukunft verschieben würden. Dies könnte als „Aufbürden heutiger Probleme auf zukünftige Generationen“ interpretiert werden, ein zentraler Kritikpunkt, der im BASE-Gutachten hervorgehoben wird. Das deutsche Standortauswahlgesetz legt fest, dass der bestmögliche Schutz von Mensch und Umwelt vor ionisierender Strahlung sowie die Vermeidung unzumutbarer Lasten für zukünftige Generationen gewährleistet sein müssen. Dieses Spannungsfeld schafft ein komplexes Dilemma: Ist es gerechtfertigt, in eine Technologie zu investieren, die langfristig die Gefährlichkeit des Abfalls minimieren könnte, auch wenn dies die endgültige Lösung verzögert und damit die Verantwortung potenziell auf spätere Generationen verlagert?

Herausforderungen, Ausblick und internationale Zusammenarbeit

Technische Komplexität und der lange Weg zur industriellen Reife

Die Entwicklung und der sichere Betrieb von Transmutationsanlagen stellen erhebliche ingenieurtechnische und materialwissenschaftliche Herausforderungen dar, insbesondere unter den Bedingungen intensiver Strahlung und hoher Temperaturen. Der Übergang von Labor- zu Industriemaßstab ist mit beträchtlichen technischen Hürden und wirtschaftlichen Unsicherheiten verbunden, was zu Verzögerungen, Kostenüberschreitungen und dem Nichterreichen der gewünschten Abfallreduktion innerhalb realistischer Zeitrahmen führen kann. Bislang existiert keine industriereife Transmutationsanlage, und das BASE-Gutachten schätzt, dass bis zu ihrer Einsatzbereitschaft noch viele Jahrzehnte vergehen könnten. Die Entwicklung von Materialien, die den extremen Bedingungen in schnellen Reaktoren und ADS standhalten, ist eine anhaltende und kritische Forschungsaufgabe.

Wirtschaftliche Aspekte und die hohen Entwicklungskosten

Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit im Bereich der Transmutation ist mit erheblichen Kosten verbunden. Transmutationsanlagen erfordern einen substanziellen Energieeinsatz, was den Netto-Umweltnutzen des gesamten nuklearen Brennstoffkreislaufs aus einer Lebenszyklusperspektive mindern könnte. Sollte sich Transmutation als wirtschaftlich unerschwinglich erweisen, wäre sie trotz potenzieller technischer Vorteile keine praktikable Lösung, was ein erhebliches finanzielles Risiko für Energieversorger und letztlich Steuerzahler oder Verbraucher darstellt. Die Wiederaufbereitung von Brennstoff ist derzeit erheblich teurer als der „Once-Through“-Kreislauf (Direktentsorgung), und die Vorteile bei der Endlagerung sind nicht immer signifikant genug, um die zusätzlichen Kosten zu rechtfertigen, es sei denn, es werden auch andere Vorteile wie die Energiesicherheit berücksichtigt.

Proliferationsrisiken und Sicherheitsbedenken im Umgang mit spaltbaren Materialien

Die Abtrennung von Plutonium, ein notwendiger Schritt in vielen Transmutationskonzepten, birgt inhärente Proliferationsrisiken, da Plutonium für Atomwaffen verwendet werden kann. Neue Wiederaufbereitungsverfahren werden entwickelt, die darauf abzielen, Plutonium niemals in reiner Form abzutrennen, sondern es immer mit Minor Aktiniden zu mischen, um die Proliferationsresistenz zu erhöhen. Obwohl die Reduzierung von Transuranen die Attraktivität des Atommülls für die Proliferation minimiert, kann die Komplexität des Brennstoffkreislaufs selbst neue Sicherheitsrisiken mit sich bringen. Die Notwendigkeit, viele kerntechnische Anlagen (für Partitionierung und Transmutation) langfristig zu betreiben, würde einen Wiedereinstieg in ein großangelegtes kerntechnisches Programm erfordern, was neue Herausforderungen für die Sicherheit und Regulierung mit sich bringt.

Die Bedeutung internationaler Kooperationen und politischer Rahmenbedingungen

Die technischen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen der Transmutation sind so immens, dass ihre Bewältigung nur durch langfristige, koordinierte internationale Anstrengungen möglich ist. Es ist kein Problem, das ein einzelnes Land im Alleingang lösen kann. Konzepte zu Partitionierung und Transmutation werden international intensiv diskutiert und erforscht. Internationale Organisationen wie die OECD/NEA (Nuclear Energy Agency) und die IAEA (International Atomic Energy Agency) organisieren regelmäßige Informationstreffen und fördern die Zusammenarbeit in der P&T-Forschung, um den Wissensaustausch und die Entwicklung voranzutreiben. Internationale Rahmenwerke wie das IFNEC (International Framework for Nuclear Energy Cooperation) fördern die Entwicklung und den Einsatz fortschrittlicher Brennstoffkreislauftechnologien unter Einhaltung höchster Standards für Sicherheit, Sicherung und Nichtverbreitung. Internationale Zusammenarbeit ist entscheidend für den Austausch von Wissen und Erfahrungen, insbesondere für Länder, die keine bestehende nukleare Infrastruktur haben, aber an der Kernenergie interessiert sind. Obwohl die Verantwortung für Atommüll beim Erzeugerland liegt, werden multinationale Ansätze für die Entsorgung diskutiert, um Sicherheits- und Wirtschaftlichkeitsvorteile zu erzielen.

Fazit: Ein Schritt in Richtung nachhaltiger Atommüllbehandlung aber nicht DIE Lösung

Die Transmutation stellt einen vielversprechenden, wenn auch äußerst komplexen Ansatz dar, um die Langzeitgefahr von hochradioaktivem Atommüll erheblich zu reduzieren. Sie bietet das Potenzial, die Radiotoxizität und das Volumen des Abfalls zu minimieren und damit die Anforderungen an die Endlagerung zu erleichtern.

Es ist jedoch entscheidend zu verstehen, dass Transmutation kein Ersatz für die geologische Tiefenlagerung ist, sondern eine komplementäre Technologie. Die Notwendigkeit einer sicheren Langzeitlagerung für die verbleibenden und neu entstehenden Abfälle bleibt bestehen.

Der Weg zur industriellen Reife der Transmutationstechnologien ist lang und erfordert fortgesetzte, intensive Forschung und Entwicklung in Bereichen wie der Partitionierung, der Materialwissenschaft und der Reaktortechnologie. Die damit verbundenen hohen Kosten und die langen Zeitrahmen stellen erhebliche Herausforderungen dar. Die Proliferationsrisiken im Umgang mit spaltbaren Materialien müssen durch robuste Sicherheitsmaßnahmen und internationale Überwachung minimiert werden.

Die Transmutation ist nicht das Allheilmittel für den hochradioaktiven Müll der Kernkraftwerke, wie sie gerne mal dargestellt wird. Die Transmutation kann sicherlich einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Atommüll-Problematik leisten. Es ist noch sehr viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit notwendig. Es gibt lediglich eine Handvoll Forschungsprojekte. Neben den rein technischen Fragen müssen auch noch wirtschaftliche Fragen geklärt werden. Was nutzt die beste Technologie, wenn sie nicht bezahlt werden kann.

Im Moment gibt es aber noch keine Technologie, die für die Reduktion von Atommüll im industriellen Maßstab eingesetzt werden kann. Bis zum industriellen Einsatz werden sicher eher Jahrzehnte als Jahre vergehen.

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