Corona-Krise und Digitalisierung

Seit einigen Wochen hält uns die Corona-Krise in Atem. Wir sind in unserer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt. Unser Kinder lernen von zu Hause aus. Wer kann, arbeitet im Homeoffice.

In den Nachrichtensendungen im Fernsehen sehen wir Interviews per Video-Konferenz mit der Wohnzimmerschrankwand im Hintergrund. Vor einigen Wochen noch undenkbar. Aber es geht auch so.

Bei Besprechungen per Video-Konferenz hört man vielleicht im Hintergrund ein paar Kinder. Eigentlich stört das nicht. Vielleicht macht es sogar den Gegenüber etwas menschlicher.

In den Medien wird über Sicherheitsrisiken in der Video-Konferenzsoftware Zoom diskutiert. Mal ehrlich: Wer wusst vor ein paar Wochen, dass es diese Software überhaut gibt. Ich nicht.

Unsere Schulen werden zwangsweise digitalisiert

Software wie Microsoft Teams oder Slack war bisher nur Eingeweihten bekannt. Jetzt nutzen meine Tochter MS Teams zum Lernen. Die Plattform Mebis, die im Bundesland von „Laptop und Lederhose“ eigentlich die Digitalisierung von Unterricht voranbringen sollte, stellte sich als nicht praxisgerecht heraus. Die Infrastruktur von Mebis war dem Ansturm der Schüler nach der Schließung der Schulen nicht gewachsen. So benutzte man in vielen Schulen das Microsoft-Produkt Teams aus den Office 360-Paket.

Klar, man kann darüber diskutieren, ob Teams die richtige Software ist. Schließlich ist es ein proprietäres Produkt, das die Daten seiner Nutzer auf amerikanischen Servern abspeichert. Eine Open Source-Software, die europäische Server nutzt, fände ich für den Zweck besser. Aber jetzt ist erst einmal Pragmatismus angesagt. Wichtig ist, dass die Software sich einigermaßen intuitiv bedienen lässt. Zeit für Schulungen der Lehrer und Schüler ist jetzt nicht vorhanden. Der Unterricht muss weitergehen.

Mir stellt sich die Frage, wie es nach der Corona-Krise weitergehen wird. Werden wir wieder zum gleichen System wie vor der Krise, bei dem die Digitalisierung nur wie ein lästiger Klotz am Bein betrachtet wurde, zurückkehren? Vielleicht haben einige Lehrer und Schüler Geschmack daran gefunden, dass sich digital sehr einfach Informationen austauschen lassen oder Arbeitsmaterial bereitstellen lassen, oder dass sich Gruppenarbeiten erledigen lassen ohne, dass man sich gemeinsam in einem Raum zusammenfinden muss. Dann kann ich nur sagen, willkommen in der Realität des 21. Jahrhunderts.

Es ist natürlich überhaupt nicht sinnvoll, die Schule wie zur Corona-Zeit weiterzuführen. Der Einsatz digitaler Lernplattformen in der Grundschule ist nur sehr begrenzt machbar. Je älter die Lernenden werden, desto sinnvoller wird deren Einsatz. Vor allem würden die Lernenden besser auf die Wirklichkeit nach der Schulausbildung vorbereitet.

Noch einmal zurück zu Mebis. Warum eigentlich entwickelt das Bundesland Bayern eine eigene Lernplattform? Solche Software gibt es bereits fix und fertig als Open Source-Software. Wenn diese Software eine Anforderung nicht erfüllt, dann kann man diese erweitern lassen und die Erweiterungen der Allgemeinheit wieder als Open Source zur Verfügung stellen. Statt dessen erfindet Bayern das Rad erneut.

Homeoffice

Das, was wir vor der Corona-Krise zur Umsetzung von Homeoffice gesehen hatte, kann man heute nur als zaghaften Versuch belächeln. Die Arbeitgeber, die Homeoffice vor ein paar Wochen als Spinnerei angesehen hatten oder denen schlicht das Vertrauen in ihre Angestellten gefehlt hatte, stehen nun oft vor der Wahl, entweder arbeiten die Mitarbeiter von zu Hause aus oder gar nicht. Nach der Krise wird sich diese Entwicklung wohl nicht mehr komplett zurückdrehen lassen.

Vielleicht merkt der ein oder andere Arbeitgeber jetzt gerade, dass man große und teure Büroflächen in der Großstadt doch nicht so zwingend braucht. Schließlich ist das auch ein großer Kostenfaktor.

Viele Angestellte werden merken, dass es wesentlich entspannter ist, sich morgens an den heimischen Computer zu setzen und mit der Arbeit zu beginnen, anstatt erst mit dem Auto durch den Stau ins Büro zu kriechen.

Vielleicht gefallen auch einigen Beschäftigten Wohnorte außerhalb der teuren Speckgürtel von Großstädten besser. Mit dem althergebrachten Präsenz-Büro ist man doch bei der Wahl des Wohnorts sehr eingeschränkt. Homeoffice schaft da eine neue Freiheit.

Sicherlich werden nicht alle Firmen nun ihre Büroflächen schließen und komplett als virtuelle Firmen weitermachen. Homeoffice ist längst nicht für alle Bereiche ein sinnvolles Modell. Dort, wo man auf Papierakten angewiesen ist, da geht das natürlich nicht. Auch auf den Plausch an der Kaffeemaschine des Büros mit anderen Mitarbeitern möchte nicht jeder verzichten. Homeoffice muss ja nicht eine starre 100%-Lösung sein. Je nach Arbeitsanforderung ist es vielleicht sinnvoll, sich im Büro zu treffen. Die Frage ist dann, ob es unbedingt das Büro der Firma sein muss. Braucht die Firma denn wirklich ein festes Büro? Es gibt Coworking Spaces, in denen man sich zeitlich begrenzt Bürofläche buchen kann.

Es gibt noch viele andere Alternativen, wie Arbeit in Zukunft organisiert werden kann. Ich glaube, wir stehen gerade vor einem Umbruch. Es werden sich kreativere und vor allem produktivere Lösungen als das alte Nine-to-Five-Büro mit Anwesenheitspflicht auf breiter Front durchsetzen.

Einzelhandel

Der Einzelhandel beschwert sich seit vielen Jahren über die übermächtige Konkurrenz von Amazon und Co. Nur wenige Geschäfte machten sich wirklich tiefgreifende Gedanken darüber, wie sie von der Digitalisierung profitieren können. Im Großen und Ganzen wurde so verkauft, wie schon vor hundert Jahren.

Jetzt auf einmal geht das nicht mehr. Entweder mussten die Läden komplett schließen oder sie wurden stark reglementiert.

Entweder überlegen sich die Geschäftsinhaber eine Lösung oder der Laden geht pleite.

Viele Geschäfte finden kreative Lösungen.

Der kleine Baumarkt, in dem wir immer einkaufen, hatte noch nie ein Online-Shop. Jetzt haben wir unsere Blumenerde per Telefon bestellt. Am gleichen Abend wurde sie geliefert. Eigentlich ist das ein richtig guter Service.

Der Metzger im Nachbarort hat am Schaufenster eine Telefonnummer und eine E-Mailadresse stehen, über die Bestellungen aufgegeben werden können. Die werden zusammengepackt und sehen dann zur Abholung bereit oder werden geliefert.

Dem lokalen Einzelhandel steht das Wasser bis zum Hals. Sie sind gezwungen, kreative Lösungen zu finden und sie finden diese Lösungen auch. Es muss nicht unbedingt der große Online-Shop auf der eigenen Webseite sein. Oft reichen kleine pragmatische Lösungen.

Fazit

Die Corona-Krise treibt momentan die Digitalisierung massiv voran. Die drei Bereiche Bildung, Arbeit und Handel sind nur einige Beispiele. Auch viele andere Bereiche erleben einen großen Wandel in Richtung Digitalisierung. Wir sind gerade Zeugen eines massiven Fortschritts.

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